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hubert statt herbert
quote: FPÖ entmachtet Haupt
Hubert Gorbach neuer Vizekanzler, Haupt bleibt Sozialminister und FP-Chef, Jörg Haiders Schwester Ursula Haubner wird ihm als geschäftsführende Parteiobfrau zur Seite gestellt
Herbert Haupt hat verloren. Haupt hat sich gegen die Regierungsumbildung gewehrt, Haupt hat für seinen Verbleib als Vizekanzler gekämpft. Vergeblich. Bei einem Treffen schwarzer und blauer Spitzenpolitiker Sonntagnacht wurde ihm klar gemacht, dass er seine letzten Unterstützer verloren hat – damit war er mürbe und sein Abgang besiegelt. Montag früh traten Haupt und Kanzler Wolfgang Schüssel bei Bundespräsident Thomas Klestil an, um ihn über den Wechsel im Vizekanzleramt zu informieren.
Haider konnte nicht warten
Aber selbst der Abgang wurde Haupt von Jörg Haider, dem Motor hinter der Umbildung, vermasselt: Beim Verlassen der Präsidentschaftskanzlei wollte Haupt noch gar nichts sagen, sondern erst später eine Erklärung abgeben – Haider verkündete aber schon gleichzeitig aus Kärnten freizüngig die blauen Personalrochaden.
Haubner steigt auf
Haupt bleibt Sozialminister, Vizekanzler wird Infrastrukturminister Hubert Gorbach. Er nannte als wichtigste Aufgabe, "die FPÖ in der Regierung zu stabilisieren". Gegen eine größere Regierungsumbildung, etwa den Tausch von Staatssekretären, hat sich Haupt vorerst erfolgreich gewehrt, auch seine Abschiebung auf den Klubobmannsessel konnte er verhindern.
Haupt auch als FP-Chef entmachtet
Allerdings muss Haupt nicht nur das Vizekanzleramt abgeben, sondern wird auch als FPÖ-Chef weit gehend entmachtet. Wird ihm doch mit Sozialstaatssekretärin (und Haider-Schwester) Ursula Haubner eine geschäftsführende Parteichefin zur Seite gestellt. Um die Parteiarbeit zu "verbreitern", wie es heißt. Zudem kommt Haider selbst auch offiziell in die Bundespolitik zurück – er ist "FPÖ-Chefverhandler" zur Steuerreform.
Gute Miene
Haupt bemühte sich, dennoch gute Miene zu machen, und erklärte am Nachmittag: Die Entscheidung, das Vizekanzleramt abzugeben, sei eine "leichte" gewesen – weil Gorbach "der Zukunftsminister" sei. Außerdem, ergänzte Haupt nicht ohne Selbstironie, könne Gorbach "Erklärungen abgeben, die man auch versteht". Und Haubner ist für Haupt ideal geeignet, die "FPÖ wieder zu einer einheitlichen Gesinnungsgemeinschaft zu machen". Einen Parteitag zur Bestellung Haubners brauche man nicht – denn immerhin, so Haupt, habe er noch die (Susanne Riess-Passer erteilte) Generalvollmacht für den Parteichef in Personalfragen. Zumindest bis zum Parteitag kommendes Jahr soll die geteilte Führung bleiben.
Haubner will sich um Koordination und Kommunikation kümmern. Und Gorbach wünscht sich von der FPÖ "weniger Einzelkämpfer und mehr Teamgeist". Denn: "Alle müssen erkennen, dass es so mit der FPÖ nicht weitergehen kann." Er will seinen Teil dazu beitragen, vor allem beim "Abarbeiten der Reformaufgaben". Was er anders oder besser machen werde als Haupt? "Haupt hat sehr viel Last auf seine Schultern genommen, jetzt werden wir die Lasten anders verteilen."
Dritter blauer Vize
Gorbach ist der dritte blaue Vizekanzler, mit dem Kanzler Schüssel zusammenarbeitet. Der umgängliche Pragmatiker war einer der Wunschkandidaten der ÖVP für die Nachfolge Haupts – und setzte gleich zu Beginn ein Signal gedeihlicher Koalitionszusammenarbeit: Künftig wird es wieder gemeinsame Pressefoyers nach dem Ministerrat geben.
ÖVP freut sich
Ob damit Ruhe in die FPÖ einkehrt? Das darf bezweifelt werden, schon Montag schimpften manche, etwa Salzburgs Landes-FP-Chef Karl Schnell. Ihn stört "immens", dass die Landesobleute und der Vorstand nicht informiert wurden. Und: "Ich weiß nicht, wer die Entscheidung für Gorbach getroffen hat."
Beim Koalitionspartner ÖVP zeigte man sich über die Neuverteilung der freiheitlichen Kompetenzen erleichtert – allerdings mit Einschränkungen. ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer streut dem neuen Vizekanzler im Gespräch mit dem STANDARD Rosen: "Er kennt die Verwaltung, die Medien und die Exekutive. Er ist ein Profi. Und er hat eine hohe europäische Reputation. Die Zusammenarbeit wird gut werden. Auch die FPÖ hat ein Interesse, dass jetzt Ruhe einkehrt und vernünftig gearbeitet werden kann." Molterer zeigt sich auch darüber erleichtert, dass sein blaues Gegenüber als Klubobmann, Herbert Scheibner, "gestärkt" worden sei: "Wir werden die Regierungsarbeit jetzt professionell fortsetzen."
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